Politische Arbeitsgemeinschaft Unterer Bayerischer Wald feierte Geburtstag. Wer seinen 50. Geburtstag feiern kann, der ist den Kinderschuhen längst entwachsen, hat schon viel erlebt und einiges auf die Beine gestellt. So ist es auch bei der Politischen Arbeitsgemeinschaft Unterer Bayerischer Wald, die am Samstag in Freyung auf ein halbes Jahrhundert erfolgreiche Arbeit zurückblicken konnte.
Gegründet, um der gravierenden Arbeitslosigkeit und der schwachen Infrastruktur Herr zu werden, hat sich die ARGE schon früh mit Tschechien vernetzt und schon weit vor dem Fall des Eisernen Vorhangs mit den Partnern jenseits des Grenzzaunes Kontakte gepflegt. Bei einem Festakt wurden die Verdienste der überparteilich arbeitenden Arbeitsgemeinschaft in Erinnerung gerufen. Ehrengast war Karl-Heinz Lambertz, Präsident des Ausschusses der Regionen in Brüssel, der die Bedeutung einer fortgesetzten Regional- und Strukturförderung auch im neuen Förderzeitraum in der EU von 2021 bis 2027 unterstrich.
Ziel der Arbeitsgemeinschaft, deren Geburtsstunde am 24. April 1967 schlug, war es von Anfang an, der Region mehr Gewicht zu geben und die vielen strukturellen Probleme zu beseitigen, blickte Franz Meyer zurück. Der Passauer Landrat führte bis Samstag die ARGE und übergab das Zepter danach an Passaus OB Jürgen Dupper. Neben fehlender Infrastruktur und hoher Arbeitslosigkeit sei der Eiserne Vorhang ein Problem gewesen, er sei annähernd undurchdringbar gewesen. Zudem sei für die ARGE eine wichtige Zielsetzung, einen Nationalpark im Bayerischen Wald gewesen, den ersten in der Bundesrepublik, einzurichten.
„Im Jahr 1968 trafen sich die ARGE-Mitglieder pionierartig mit einer tschechischen Delegation in Philippsreut direkt an Schlagbaum an der Grenze und vereinbarten, eine Exkursion in den Böhmerwald durchzuführen", so Meyer. Ein Meilenstein sei die Grenzöffnung in Philppsreut 1971 gewesen, die nach mehrjährigen Verhandlungen mit den tschechoslowakischen Behörden erfolgt sei. Von nun an seien Waren- und Personenverkehr wieder eingeschränkt möglich gewesen. Und die Beziehungen zum Nachbarn hätten sich in den kommenden 50 Jahren immer mehr intensiviert. Als weitere Errungenschaften nannte Meyer den Bau der Autobahnen von Regensburg nach Passau und von München bis Deggendorf, die Umsetzung des gewünschten Nationalparks, die Eröffnung der „Grenzlanduniversität" in Passau und den verstärkten sozialen Wohnungsbau. „Ob Infrastruktur, Arbeitsmarkt, Energieversorgung oder wissenschaftlicher Austausch – in all diesen Bereichen wirkte die Arbeitsgemeinschaft im Sinne eines gestärkten Unteren Bayerischen Waldes, und zwar immer für die Region und nie nur aus Parteipolitik", erklärte der Vorsitzende. Heute befinde man sich in der Mitte Europas und in einer boomenden Region. Als künftige Ziele nannte Meyer, auf Augenhöhe mit den europäischen Metropolregionen wahrgenommen zu werden, durch den Aufbau auch rechtlicher Zusammenschlüsse mit den Nachbarregionen, ein noch leistungsfähigeres Verkehrs- und Datennetz, ein gemeinsames Standortmarketing mit dem Nachbarn und den Ausbau des wirtschaftlichen Netzwerkes.
In den vergangenen Jahren hätten sich die Beziehungen zwischen Bayern und Tschechien stark verbessert, so die Wahrnehmung von Kristina Larischová, Generalkonsulin der Tschechischen Republik: „Nicht zuletzt Dank der Bemühungen von Horst Seehofer ist eine Periode der Freundschaft und Wertschätzung entstanden." Die ARGE sei ein Weg, wie man das Gespräch mit dem Nachbarn suchen und finden könne, erklärte Ivana Straska, Kreishauptfrau von Südböhmen: „Wir müssen einfach mehr miteinander reden."
Für Staatsminister a. D. Helmut Brunner ist es „bemerkenswert, was diese kleine Organisation geleistet hat." Sie sei auch ein Zusammenschluss des Friedens, der der jungen Generation vermitteln solle: „Es gibt nichts Wichtigeres als Frieden und Freiheit." Als Meilensteine in der Geschichte der ARGE nannte Brunner die Eröffnung des Europahauses am ai 2017, das Europa zu den Bürgern bringe. Zweite Errungenschaft sei die Errichtung der Polizeiakademie in Freyung. Brunner unterstrich: „Wenn ich nicht im Kabinett gewesen wäre, wäre die Standortfrage wohl anders ausgegangen." Er nannte die Vitalität der ländlichen Räume als das wichtigste Mittel gegen Landflucht.
Ostbayern sei Schwerpunktregion, was die im Bundesverkehrswegeplan verankerten Projekte betreffe, so Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer. Damit wolle man auch die im Koalitionsvertrag verankerte Gleichheit der Lebensumstände von Stadt und Land umsetzen. Scheuer nannte den am Freitag erfolgen Spatenstich zum Ausbau der A3 zwischen Rosenhof und Regensburg mit Kosten von 270 Millionen Euro als Meilenstein, ebenso wie den Bau der A94. In Sachen schnelles Internet und Mobilfunk sei auch eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit wünschenswert, so Scheuer.
Foto und Text: Melanie Bäumel-Schachtner
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