Präsident der Regionen in Brüssel Karl-Heinz Lambertz rät dazu, die Europaregion auf noch stabilere Beine zu stellen
Mut, die Europaregion Donau-Moldau (EDM) auf noch stabilere Beine zu stellen, hat Karl-Heinz Lambertz am Samstag bei seinem Besuch im Landkreis Freyung-Grafenau gemacht. Der Präsident des Ausschusses der Regionen in Brüssel war Ehrengast beim Festakt zum 50. Geburtstag der Politischen Arbeitsgemeinschaft Unterer Bayerischer Wald und traf sich im Anschluss zu einem Gespräch mit Bezirkstagspräsident Dr. Olaf Heinrich (CSU), Landrat Sebastian Gruber (CSU) und Regierungspräsident Rainer Haselbeck gemeinsam mit Vertretern aus der Verwaltung.
Die Menschen in der Region treibt die Sorge um, ob die Grenzregionen auch in der neuen Förderperiode der EU ab 2021 noch die Gelder bekommen, die derzeit Niederbayern so guttun. Die Wirtschaft boomt, viele Förderkriterien sind daher nicht mehr erfüllt, und durch den Brexit fällt Großbritannien künftig als einer der großen Nettozahler weg – „zehn Milliarden plus X" werden dadurch der EU fehlen, erklärte Lambertz.
Der Präsident des Ausschusses der Regionen konnte die Sorgen verstehen, kommt er doch selbst aus einer Grenzregion und gilt als einer der profundesten Experten von Grenzräumen in Brüssel. Ganz die Angst nehmen konnte Lambertz ihnen beim Gespräch in der Museumsgaststätte in Finsterau jedoch nicht, denn er konnte selbst noch keine verlässlichen Aussagen bezüglich weiterer Fördermöglichkeiten geben: Die Europäische Kommission wird erst am 2. Mai ihren Vorschlag zum Mehrjährigen Finanzrahmen vorstellen, das heißt ihre Vorstellung für die finanzielle Ausstattung des EU-Haushaltes von 2021 bis 2027. Der Eindruck von Lambertz ist aber: „Ich denke, es wird die Kohäsionsförderung weiterhin geben." Dahinter verbirgt sich die Struktur- und Regionalförderung, seit über 25 Jahren ein zentraler Politikbereich der EU, die den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt zwischen den Gemeinschaftsmitgliedern fördern soll.
Heinrich, im vergangenen Jahr Vorsitzender des Präsidiums der EDM, machte deutlich, dass die Grenzregionen nach wie vor Förderungen brauchen. Um sich noch besser zu positionieren, habe EVP-Fraktionsvorsitzender Manfred Weber nahegelegt, die EDM auf eine höhere Ebene zu stellen und eine eigene Rechtspersönlichkeit zu schaffen, einen so genannten Europäischen Verbund Territorialer Zusammenarbeit (EVTZ). Heinrich trieb vor allem die Frage um, ob Lambertz so eine Gründung sinnvoll finde. Dies bejahte der Gast aus Brüssel eindeutig. Man könne damit operativ noch stärker agieren, müsse aber aufpassen, kein neues Bürokratiemonster zu erschaffen.
Lambertz betonte, die mittlere Ebene, wie sie die EDM darstelle, werde in Europa in Zukunft noch an Bedeutung gewinnen. Sie bilde eine Klammer zwischen der unteren Ebene, den grenzüberschreitend vor Ort arbeitenden Euregios, und der oberen Ebene, der Alpenraum- beziehungsweise Donaustrategie. Dabei könne ein EVTZ ein probates Mittel sein, sich noch effektiver zu vernetzen und weiter gefördert zu werden. Dies begrüßte auch Euregio-Geschäftsführer Kaspar Sammer, der damit auch die Partner der Nachbarländer noch stärker ins Boot holen möchte. Lambertz stellte aber auch ganz deutlich heraus, dass es bei der EDM nicht nur um das Wie gehen dürfe, sondern vor allem um das Was: „Sie brauchen klare Ziele. Überlegen Sie sich, wo Sie in einigen Jahren hinwollen. Und ein langer Atem ist nötig. Bohren Sie daher nicht ausschließlich nur die ganz dicken Bretter."
Auch Jiri Buriánek, Generalsekretär im Ausschuss der Regionen, sprach sich klar für die Gründung eines EVTZ aus, der der erste in Bayern wäre. Die Frage, ob die Grenzregion auch in Zukunft Fördergelder erwarten könne, beantwortete er mit einem ganz klaren Arbeitsauftrag: „Holen Sie die Experten der Regionen an einen Tisch. Sie haben in Ihrer Region alle Trümpfe in der Hand." Buriánek dachte hier vor allem an die Automobilindustrie mit Konzernen wie BMW mit Dingolfing als Zentrum für autonomes Fahren, und Skoda, aber auch an Akteure aus Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft, gerade im Bereich Raumfahrttechnologie. Hier könnten zukunftsweisende Projekte umgesetzt werden, die wegen ihrer innovativen Strahlkraft weiter förderfähig seien. „Und Innnovation lässt sich auch mit der gewünschten Infrastruktur bündeln und so förderfähig machen." Denn eines machte Buriánek deutlich: „Es wird auch weiterhin genügend Geld aus Brüssel verteilt werden können. Es fehlt eher an innovativen Projekten." Er nannte hier beispielsweise den Digitalfonds und empfahl, auch mal querzudenken: „Ein EVTZ muss nicht unbedingt nur durch EU-Gelder finanziell unterlegt werden, es ließe sich auch die Privatwirtschaft finanziell einbinden." Für Heinrich ein „hoch interessanter Gedanke."
Text und Foto: Melanie Bäumel-Schachtner
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