
Präsident Juncker empfängt Euregio und Europaregion: Ostbayern diskutiert in Brüssel Fragen zur EU- Förderung und Regionalpolitik. v.l.n.r.: Landrat Michael Fahmüller, Barbara Daferner, Bezirkstagspräsident Dr. Olaf Heinrich, Bezirkstagspräsident und Landrat Franz Löffler, Staatssekretär Bernd Sibler, EU- Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, Landrat Sebastian Gruber, Landrat Franz Meyer, Kabinettschef Prof. Martin Selmayr, Geschäftsführer Kaspar Sammer
Mit vielen Fragen und Erwartungen im Gepäck sind die Vorstände der Europaregion Donau-Moldau und der EUREGIO Bayerischer Wald- Böhmerwald- Unterer Inn der kurzfristigen Einladung des EVP-Fraktionsvorsitzenden Manfred Weber nach Brüssel gefolgt. Besser hätte der Termin nicht gelegt werden können, so absolvierte zur gleichen Zeit auch der neue Ministerpräsident von Griechenland Alexis Tsipras seinen Antrittsbesuch bei EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und Parlamentspräsident Martin Schulz. Zahlreiche Punkte standen auf der Agenda für die Bezirkstagspräsidenten Dr. Olaf Heinrich und Franz Löffler, den Landräten Sebastian Gruber (Freyung-Grafenau), Franz Meyer (Passau) sowie Michael Fahmüller (Rottal-Inn) und dem Vertreter der Bayerischen Staatsregierung Staatssekretär Bernd Sibler. Euregio Geschäftsführer Kaspar Sammer und die Leiterin der Kontaktstelle der Europaregion Donau-Moldau für Niederbayern Barbara Daferner organisierten und begleiteten die politischen Vertreter.
Zu Beginn stand ein Besuch bei dem Leiter der Bayerischen Vertretung in Brüssel, Herrn Michael Hinterdobler auf dem Programm, der gemeinsam mit Staatssekretär Sibler die Rolle des Freistaates Bayerns in Fragen zur europäischen Struktur- und Kohäsionspolitik darstellte. „Es sei für Sie eine Ehre, die Vertreter der EUREGIO und der Europaregion Donau-Moldau erstmals in dieser Form in Brüssel begrüßen zu können, vor allem vor dem Hintergrund Ihres großen Engagements in der grenzüberschreitenden und europäischen Zusammenarbeit. Der Freistaat Bayern verstehe sich immer als Unterstützer und Motor für den ländlichen Raum."
Hinterdobler und Sibler streiften neben den Themen der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit und der regionalen Wirtschafts- und Hochschulförderung zudem die umfassenden europäischen Fragestellungen zur Schuldenproblematik Griechenlands und der aktuellen Migrationspolitik der EU.
Mit der Aussage, dass es „für Ostbayern und Ihre Region ein Geschenk ist, Manfred Weber in Brüssel zu haben", waren sich alle Teilnehmer einig.
Beim anschließenden Besuch im Europäischen Parlament standen die Fragestellungen der europäischen Agrarpolitik 2014 bis 2020 sowie das Transatlantische Freihandelsabkommen (TTIP) zwischen der EU und den USA auf der Agenda.
„Im vergangenen Jahr haben wir die Weichen für die Fortschreibung der gemeinsamen Agrarpolitik so gestellt, dass wichtige bayerische Forderungen durchgesetzt werden konnten. Die Besserstellung der bäuerlichen Familienbetriebe wurde erreicht, die anfänglich absolut impraktikablen Greening- Regelungen so weit wie möglich entschärft und Mittelkürzungen im ländlichen Raum dadurch vermieden, dass der Freistaat Bayern als einziges Land Kürzungen durch Landesmittel großteils ausgeglichen hat," so Abgeordneter Albert Deß. Auf die Nachfragen von Löffler und Heinrich, ob TTIP für die bayerische Landwirtschaft Vorteile bringen wird, antwortete Deß mit einem nachdrücklichem „Ja". Der Bayerische Bauernverband unterstützt aufgrund der hohen Produktqualität bayerischer Erzeugnisse die Öffnung des US- Marktes ausdrücklich.
Der Sprecher des Außenhandels-Ausschusses der EVP, Daniel Caspary, befürwortete TTIP zudem für viele andere europäische Wirtschaftsbereiche, da es nicht mehr um die Fragestellung geht, ob wir amerikanische oder asiatische Standards in Europa wollen, sondern um die Frage wie wir unsere Standards auf den internationalen Märkten sichern können. Caspary betonte, dass es darüber hinaus nicht um ein Freihandelsabkommen im klassischen Sinne geht, sondern um ein Abkommen mit Kompromissen und klaren Regelungen für den Marktzugang.
Am Nachmittag empfing der Kabinettschef von Kommissionspräsident Juncker, Herr Prof. Selmayr die bayerische Delegation, wobei vordergründig Fragen zur Struktur- und Asylpolitik sowie zur EU- Erweiterungspolitik und dem Außengrenzenschutz auf der Tagesordnung erörtert wurden.
Überraschend fand sich zu diesem Gespräch auch Kommissionspräsident Juncker ein, der über sein Treffen mit dem griechischen Premier Tsipras in kurzen Zügen informierte und die Vertreter Ostbayerns persönlich begrüßte.
Dr. Olaf Heinrich und Franz Löffler sowie die anwesenden Landräte ergriffen die Gelegenheit, um vor allem gegenüber dem Kabinettschef die gegenwärtige Asylpolitik in Europa anzusprechen.
„Es ist eine Regelung zu finden, die eine gerechte Verteilung der Flüchtlinge innerhalb Europas ermöglicht", so die Forderung der Bezirkstagspräsidenten und der Landräte. Kriterien wie die Wirtschaftskraft, die Bevölkerungsdichte oder die Fläche eines Landes müssen zukünftig mehr Berücksichtigung finden.
In Sachen EU Erweiterung und allgemeiner Außengrenzenschutz bemerkte Selmayr, dass die klare Position des Kommissionspräsidenten gegenwärtig so ist, keiner Erweiterung der EU in den nächsten 5 Jahren zuzustimmen und damit die Stabilität der bisherigen Mitgliedsstaaten zu fördern. Dies sei dringend notwendig, so der Kabinettschef.
Staatssekretär Bernd Sibler äußerte abschließend sein Unverständnis über das Vorhaben der EU-Kommission in der Forschungsförderung Kürzungen vorzunehmen. „Wissenschaft und Forschung schaffen Arbeitsplätze für die Wirtschaft, dies ist ein Sparen am falschen Platz" so Sibler nachdrücklich.
Mit insgesamt sehr positiven Eindrücken und der Zusicherung aller Gesprächspartner stets für die Belange der ostbayerischen Regionen zur Verfügung zu stehen, reisten die Vorsitzenden der EUREGIO und der Europaregion wieder zurück und vereinbarten auf dieser Ebene in nächster Zeit weitere Gespräche zu führen.
Beitrag in der Mittelbayerischen Zeitung am 06.02.2015 | 667.63 KB | Herunterladen |