
Wir bringen Ihnen ein Interview mit Martin Wurdack, OStD., Schulleiter des Staatlichen Beruflichen Schulzentrums Amberg (im Folgenden: BSZ Amberg), in dem er unter die Smart Factory vorstellt, welche dank dem Förderprogramm Industrie 4.0 des Freistaates Bayern geschaffen wurde.
Im Beruflichen Schulzentrum Amberg sind vier Schularten verbunden. Die Berufsschule Amberg ist im Rahmen der dualen Berufsausbildung der Partner für die Ausbildungsbetriebe der Region Amberg-Sulzbach. Die Fachschule Amberg bietet für Elektroniker und Mechatroniker die Ausbildung zum Techniker an. Der Techniker entspricht dem Niveau 6 des Europäischen Qualifikationsrahmens. Er ist also dem Bachelor-Abschluss gleichgestellt. Die Fachoberschule Amberg und die Berufsoberschule Amberg führen in der 12. Klasse zur Fachhochschulreife und in der 13. Klasse zur Hochschulreife. Die Schüler dieser Schulen werden auf das Studium an der Hochschule oder der Universität vorbereitet. Insgesamt erlangen am Beruflichen Schulzentrum Amberg mehr Schüler ihre Hochschulzugangsberechtigung als an allen Gymnasien der Region zusammen.
Was sind Ihre Schwerpunkte an der Schule?
Im Rahmen des Qualitätsentwicklungsprozesses hat sich das BSZ Amberg, aufgrund einer Schulaufsichtsbehörden-Abstimmung im Jahr 2018, folgende Ziele gesetzt: die Kooperation mit Eltern, Betrieben und Schulen im In- und Ausland; Sorge für gesundheits- und identifikationsförderliche Rahmenbedingungen, Befähigung der Schülerinnen und Schüler zu einer selbstbestimmten Lebensgestaltung; Förderung der Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund mit dem Ziel der Ausbildungsreife.
Unabhängig davon ist das Thema Digitalisierung seit vielen Jahren ein Schwerpunkt im Rahmen der Schulentwicklung. Sowohl im Bereich der Schulausstattung als auch im Bereich der Lehrerfortbildung werden hier große Anstrengungen unternommen, damit Lehrkräfte und Schüler stets mit den neuesten Entwicklungen arbeiten können.
Dies ist insbesondere in Zeiten der Pandemie von großem Vorteil. In der Zeit der Schulschließung konnte mit bewährter Hard- und Software der Kontakt zu den Schülern gehalten und so der Lernfortschritt gesichert werden.
Welche Rolle spielt das Thema Industrie 4.0 an Ihrer Schule? Welche Aktivitäten/Projekte im Zusammenhang mit Industrie 4.0 wird Ihre Schule umsetzen oder umgesetzt haben, ggf. wie wurden /werden diese Aktivitäten finanziert?
Durch die Einbindung in die Duale Berufsausbildung ist es unerlässlich, dass sich der Unterricht an der Berufsschule ständig am neuesten Stand der technischen Entwicklung in den Ausbildungsbetrieben orientiert. Innovative Themen wie die Industrie 4.0 fließen deshalb an der Berufsschule ebenso wie an der Fachschule ständig in den Unterricht ein.
Sowohl an der Berufsschule Amberg als auch an der Fachschule Amberg wird seit vielen Jahren die digitale Vernetzung und Überwachung unterschiedlicher Produktionsanlagen im Unterricht behandelt.
Im Rahmen des Fachunterrichts Informatik an der FOSBOS vermitteln die Lehrkräfte informationstechnische Grundlagen von Industrie 4.0 und die Verknüpfung von kaufmännischen und technischen Fragestellungen werden am SAP-System erarbeitet. Hierfür ist das BSZ Amberg Mitglied bei SAP4School, einem Partnerprogramm von SAP, an welchem bereits mehr als 200 berufliche Schulen in Deutschland und Europa beteiligt sind.
Im Rahmen des Förderprogramms Industrie 4.0 wird nun seit dem Jahr 2019 eine Smart-Factory am Beruflichen Schulzentrum Amberg aufgebaut. Neben der Vernetzung der einzelnen Produktionsanlagen und –stätten sollen nun auch zukünftig die kaufmännischen Bereiche Beschaffung, Lagerhaltung und Vertrieb mit einer professionellen Software-Lösung koordiniert werden.
Als erstes Produkt soll das „Electro-Acoustic-Radiometer" kurz EAR produziert werden. Mit diesem Gerät wird über verschiedenfarbige LEDs der Geräuschpegel in einem Raum, z.B. einem Klassenzimmer, angezeigt.
Im weiteren Verlauf sollen im Rahmen des Fachunterrichtes der beteiligten Bereiche Metalltechnik, Elektrotechnik und kaufmännische Berufe neue Produktideen entwickelt, konstruiert, gefertigt und vermarktet werden.
Über die zusätzlichen Mittel aus dem Förderprogramm Industrie 4.0 des Freistaates Bayern konnte unsere Schule neue professionelle Industrieanlagen beschaffen. Die professionelle Software zur Abwicklung der kaufmännischen Prozesse kann ebenfalls im Rahmen dieses Förderprogramm eingesetzt werden.
Wie beurteilen Sie die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen Tschechien, Österreich und Bayern und was wünschen Sie sich in Zukunft in diesem Bereich?
Bereits 2005 startete die Berufsschule Amberg eine Zusammenarbeit mit der "Střední průmyslová škola strojnická a Střední odborná škola profesora Švejcara" Pilsen. Diese Zusammenarbeit gipfelte in einem der ersten Leonardo-Europa-Projekte "E-ANTS": jeweils 30 Schüler besuchten Schule und Praktika für 3 Wochen im anderen Land. Jedes Jahr wird diese Partnerschaft mit gegenseitigen Besuchen erneuert.
Insgesamt wäre eine intensivere Zusammenarbeit mit Schulen in der Donau-Moldau-Region wünschenswert. Dies wäre insbesondere unter dem Gesichtspunkt der weltweiten Vernetzung im Rahmen von Wirtschaft 4.0 sinnvoll. Für unsere Schülerinnen und Schüler böte sich so die Möglichkeit, „über den Tellerrand" zu blicken, andere technische und kaufmännische Rahmenbedingungen sowie alternative Produktionsprozesse kennen zu lernen.